Ein Erfahrungsbericht eines 24 Stunden Marsch von den Gründern des Ultramarsch

Jeannette & Wolf Dreistein

Wie alles begann - von einer fixen Idee bis hin zum allerersten 100+ Kilometer Marsch

"Lass uns doch mal 100 Kilometer wandern... ich da etwas auf Facebook gefunden..."

So oder ähnlich hat es bei allen einmal angefangen. Nach ein paar Trainingsrunden, Stunden auf dem Laufband und unzähligen Schritten in der freien Natur fühlten wir uns fit genug, um uns der Herausforderung stellen zu können (Vorbereitung ca. 3 Monate).

Die Rucksäcke wurden gepackt. Im Nachhinein viel zu viel Inhalt. In meinen Augen hätte ein 10L Rucksack bei positivem Wetterbericht gereicht. Regenjacke, Pullover und Wechselsachen wurden nicht benötigt. Stattdessen Deo (die anderen Ultras werden euch danken).

Was erwartet dich auf einem 100km+ Lauf?

Ultramarsch 20km (J. & W. Dreistein)

"Eine interessante Frage, die sicherlich jeder Läufer anders beantworten wird.

Zunächst einmal kommt es darauf an, ob du alleine, mit deiner Partnerin (Partner) oder in einer Gruppe läufst. Wenn du alleine läufst, wirst du sehr schnell mit vielen Läufern ins Gespräch kommen. 100km und viele gemeinsame Stunden verbinden, so dass sich hier nicht selten dauerhafte Freundschaften bilden...."

(weiterlesen: Lesedauer 5min)

Ultramarsch 40km (J. & W. Dreistein)

"Nach ca. 3,5 Stunden solltest Du den ersten Versorgungspunkt erreicht haben. Du warst überwältigt von der Vielfalt des Angebots und hast hier mehr Zeit verbracht, als du eigentlich wolltest...."

(weiterlesen: : Lesedauer: 3min)

Ultramarsch 60km (W. Dreistein)

Du stehst auf. Die ersten 15 Meter fühlen sich nicht gut an, doch es wird schnell besser. Dieses Mal war die Pause kürzer und du bist weiterhin motiviert.

Die Stimmung ist gut und du bist überzeugt, dass du es schaffen kannst. Dennoch beginnst du langsam zu erahnen, dass es hart wird...

(weiterlesen: Lesedauer 5min)

"Du wünschst dir, dich nie hingesetzt zu haben. Doch du willst, ja du musst weiter.

Die ersten Meter sind schlimmer denn je. Du spürst deine Oberschenkel und die Kniegelenke, doch das mit Abstand Schlimmste sind deine Füße. Wer dir bei den ersten Schritten zuschaut würde definitiv gegen dich wetten."

(weiterlesen: Lesedauer 5min)

Ultramarsch 80km (J. Dreistein)
Ultramarsch 100km (J. & W. Dreistein)

"Was geht in dir vor nach 80 gewanderten Kilometern?

Das Körperliche ist eindeutig. Du bist fertig! Alles in dir sagt dir: “es reicht“! Die Muskeln in den Oberschenkeln sind heiß und brennen. Manche, um dich herum, benutzten „Ice Power“ und schwören hierauf...."

(weiterlesen: Lesedauer 10min)

Das Ziel und die Tage danach - Stolz, Glück und ein hohes Mitteilungsbedürfnis prägen die Tage

Du hast es tatsächlich geschafft! 100km – zu Fuß und das Ganze in 19 Stunden. Das Gefühl ist wirklich unbeschreiblich. Da sind sie wieder – die Endorphine! Glück pur, du fühlst dich leicht, genießt die Zeit im Zielbereich, bist zufrieden mit dir selbst und mit den Anderen. Ja, sie haben Recht, wenn sie dir sagen: „Glückwunsch, was für eine Leistung“!

Am Biertisch feiert ihr euch noch eine Zeit lang gegenseitig, bevor du nach und nach zur Ruhe kommst. Der Heimweg ruft.

Hast du die Schuhe ausgezogen? Spätestens jetzt weißt du, dass das vielleicht nicht die beste Idee war. Die 100km fordern ihren Tribut. So ziemlich alles tut dir weh, allen voran sind es jedoch definitiv die Füße. Du wünschtest, du könntest dich nach Hause beamen.

(ANMERKUNG VON ULTRAMARSCH: Aufgrund dieser Erfahrung favorisieren wir Rundkurse.)

Zu Hause angekommen, willst du nur raus aus den Klamotten und rein ins Bett. Leider liegen hier noch einige Stufen vor dir…

Also beschließt du dich einfach erstmal auf der Terrasse bzw. im Garten auszuruhen. 2-3 Stunden später wachst du auf. Der Schlaf tat gut, doch das Aufstehen fällt dir deswegen nicht leichter. Egal, Zähne zusammenbeißen und auf ins Schafzimmer… leise Flüche begleiten dich.

Da ist es endlich – dein Bett. Es ist ca. 16:00 Uhr. Dein letzter Gedanke gilt der Arbeit in wenigen Stunden… denn Morgen ist Montag!

(Anmerkung: wenn es dein erster 100km oder mehr Lauf wird, solltest du es vermeiden am Folgetag arbeiten gehen zu müssen)

Nun trennen sich die Berichte, je nachdem ob du dir heftige Blasen gelaufen hast oder eben nicht…

Wenn du große und viele Blasen hast und den Schmerz mind. 60km ignoriert hast, d.h. dein Geist den Körper besiegen konnte. Dann könnte es wie folgt weitergehen… (worst case)

Du wachst am Morgen nach einer unruhigen Nacht erschlagen auf. Du spürst deine Füße, deine Knie und Oberschenkel. Ja, selbst im Rücken hast du Muskelkater. Nach einer ganzen Weile willst du aufstehen… du setzt den rechten Fuß neben das Bett. Ein schmerzhafter Fehler. Sofort überdenkst du deine Entscheidung und beschließt erstmal liegen zu bleiben. Dabei inspizierst du deine Füße…

(ANMERKUNG VON ULTRAMARSCH: Weiterlesen nur mit Vollendung des 18ten Lebensjahres)

Was du nun siehst ist alles andere als schön. Einige Blasen haben sich mit Wasser gefüllt. Bei anderen, die schon beim Lauf geplatzt sind, siehst du lose Hautfetzen. Der eine oder andere Zehennagel hat eine dunklere Farbe angenommen.

In diesem Zustand fällt die Idee arbeiten zu „gehen“ definitiv aus. Selbst wenn du einen Büro Job hast und mit dem Auto hinfahren kannst… es geht schlicht nicht. Du meldest dich bei deinem Arbeitgeber und beantragst eine Woche Urlaub. Im besten Falle bekommst du ihn genehmigt und kannst dich erholen.

Nun reift ein vollkommen abwegiger Gedanke in dir. Du nutzt nämlich die Zeit auf der Couch und liest die Berichte „deines“ Marsches. Du findest dich in der hall of fame und ja, du hast es geschafft. All die Schmerzen waren es doch wert! Du bist Mega, Ultra, ein Mammut oder was auch immer… egal, du bist fantastisch!

Eine gewaltige Leistung. Doch du willst mehr… du bist wieder „angefixt“. Du stöberst bei deinem Veranstalter und findest schon wieder das nächste Event. Du bist verrückt, denn du meldest dich wieder an!

Die nächsten Tage verbringst du auf der Couch. Du operierst immer wieder an deinen Füßen. Die Nagelschere, Salbe und Verbände begleiten dich über die nächsten Tage. Ab dem 3.Tag wird es langsam besser. Du verlierst jedoch den einen oder anderen Zehennagel (keine Sorge – im Nagelbett wächst er wieder nach).

Nach einer Woche kannst du wieder zur Arbeit. Du genießt die Gratulation deiner Kollegen, die dich jedoch ungläubig anschauen, als du ihnen von deinen Zukunftsplänen erzählst…

Wenn du keine oder erst ab km 90 eine Blase bekommen hast. Dann könnte es wie folgt weitergehen… (better case)

Du wachst am nächsten Morgen auf. Fast alles unterhalb der Gürtellinie schmerzt. Das Aufstehen fällt dir schwer. In der Blase unter dem linken Fuß hat sich Wasser gebildet. Wie auf Eiern findest du das Badezimmer. Mit einer Nadel, Kanüle, Nagelschere oder ähnlichem "glättest" du die Blase.

Die Schmerzen in den Beinen sind erträglich, dennoch bewegst du die wie in Zeitlupe und nun verstehst du endlich auch den Sinn deines Treppengeländers.

Du machst dich auf ins Büro. Du steigst in dein Auto oder auf dein Motorrad und bist glücklich, dass du dich damals für einen Büro Job entschieden hast. Zum ersten Mal, seit einer Ewigkeit vermeidest du die 3 Etagen zu laufen und entscheidest dich ganz bewusst für den Fahrstuhl - ja, du hast ihn dir verdient.

Mit einem Kaffee in der Hand genießt du die Gespräche mit deinen "neugierigen" Kollegen. Doch auch die weniger wissbegierigen bekommen deine Geschichten zu hören. Selbst die Erinnerung bringt erneute Endorphine ins Blut. WOW, war das geil!

Und da ist er, der Moment an dem du beschließt dich zum nächsten Marsch anzumelden.

In den nächsten Tagen macht sich dein linkes Kniegelenk bemerkbar. Die Dauerbelastung fordert ihren Tribut. Insgesamt 4-5 Woche dauerte es, bis der "Normalzustand" wieder hergestellt ist. Das Knie ist wieder in Ordnung und du hast einen neuen Zehennagel.

Ach ja, es soll auch Menschen geben, die einen Marsch nach dem Anderen laufen ohne das geringste Problem...

Fazit

Glückwunsch, du hast alles richtig gemacht! 100 und mehr Kilometer zu marschieren ist eine wahnsinnige Erfahrung. Die Schmerzen verwandeln sich im Nachhinein in etwas Positives. Sie geben dem Ganzen einen gewissen Glanz etwas Heroisches.

Dein Geist hat über deinen Körper gesiegt!

Du bist glücklich und dieses Gefühl hält sehr lange an. Auf jeden Fall bis zum nächsten Marsch…

Wir freuen uns auf dich

dein Ultramarsch-Team